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Vorgehen bei GWP-Konflikten

Viele Konflikte im Bereich Forschungsdaten lassen sich durch gute Prävention vermeiden. So sollte am Anfang jedes Forschungsprojekts geklärt werden, welche Rechte und Pflichten alle Projektbeteiligten an den aus dem Projekt entstehenden Daten haben. Idealerweise wird in einer Datennutzungsvereinbarung, die mit dem Kodex Leitlinien zur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) konform ist, schriftlich festgehalten, wer wie welche Daten wann nutzen kann. Dabei sollte nicht nur die konkrete Projektlaufzeit bedacht werden, inklusive Szenarien wie Institutionswechsel, Abbruch von Qualifikationsarbeiten oder Auslaufen von Verträgen, sondern auch das Ende des laufenden Projektes. Im Konfliktfall können diese Aufzeichnungen dabei helfen, eine für alle Beteiligten faire Lösung zu erarbeiten.

Ich bin in einen GWP-Konflikt involviert

Bei Konflikten, denen mögliche Verstöße gegen die Gute Wissenschaftliche Praxis (GWP) zugrunde liegen, sollten sich ratsuchende Personen an eine Ombudsperson wenden, unabhängig davon, ob ihnen vorgeworfen wird, gegen die GWP verstoßen zu haben, sie selbst befürchten gegen die GWP verstoßen zu haben, oder ihre wissenschaftliche Arbeit durch mögliche Verstöße anderer beeinträchtigt wird. Wissenschaftler*innen in Deutschland können sich entweder an die lokalen Ombudspersonen/-stellen ihrer Einrichtung oder an das überregional tätige Gremium Ombudsman für die Wissenschaft (OfdW) wenden. Bei Drittmittelprojekten können auch die dafür zuständigen Stellen der Fördermittelgeber kontaktiert werden. Bei der DFG ist das Team Wissenschaftliche Integrität für GWP-Fragen verantwortlich. Die Kontaktaufnahme kann generell telefonisch oder per E-Mail erfolgen. Eine Einreichung über das DFG-Meldeportal ist ebenso (auch anonym) möglich.

Ombudspersonen bzw. Ombudsstellen arbeiten streng vertraulich und treten nur mit dem expliziten Einverständnis der Anfragenden an Dritte heran. Der OfdW nimmt auch anonyme Anfragen entgegen; bei lokalen Ombudspersonen hängt dies von der Satzung der Einrichtung ab. Im Zuge der Anfrage werden die beteiligten Personen gebeten, den Sachverhalt möglichst detailliert wiederzugeben und, wenn möglich, umfassende Belege einzureichen. Den Anfragenden steht es offen, ob sie es bei einer Beratung belassen oder in eine Vermittlung gehen wollen, sofern es sich um einen korrigierbaren Verstoß gegen die Regeln der GWP handelt. In einem Verfahren werden stets alle involvierten Personen gehört, bevor eine Einschätzung getroffen wird. Alle Schritte werden dabei in Absprache mit der anfragenden Person vorgenommen.

Handelt es sich um ein nicht-korrigierbares Fehlverhalten, wie Datenfälschung, Datenfabrikation oder Plagiat (siehe auch: GWP-Konflikte und Forschungsdaten), wird in einer Vorprüfung festgestellt, ob ein hinreichender Verdacht besteht, die Angelegenheit durch eine Kommission untersuchen zu lassen. Die Prüfung von Hinweisen auf schwerwiegendes Fehlverhalten obliegt – gemäß der Selbstverwaltung in der Wissenschaft – der betroffenen Einrichtung. Besteht ein Bezug zur DFG wird der Ausschuss zur Untersuchung von Vorwürfen wissenschaftlichen Fehlverhaltens der DFG tätig.

Ich habe einen möglichen GWP-Verstoß beobachtet

Auch als unbeteiligte*r Hinweisgeber*in (Whistleblower) kann man sich an die oben genannten Stellen wenden. Allgemein wird empfohlen, sich vorher mit einer fachlichen Vertrauensperson auszutauschen. Eine Dokumentation der Vorfälle bzw. Einholen von Belegen ist hilfreich, sollte aber stets im Bereich des Legalen stattfinden. Der Verdacht sollte außerdem mit so wenigen Personen wie möglich geteilt werden. Solange ein potentieller GWP-Verstoß nicht geprüft wurde, gilt es auch, die Beschuldigten vor einem ungerechtfertigten Reputationsverlust zu schützen. Gemäß DFG-Kodex können „bewusst unrichtig oder mutwillig erhobene Vorwürfe“ selbst ein wissenschaftliches Fehlverhalten begründen.[1] Umgekehrt wird es als Mitverantwortung für wissenschaftliches Fehlverhalten gesehen, wenn beispielsweise ein Mitwissen um Fälschung durch Dritte besteht. Da sich für Whistleblower mitunter Nachteile ergeben können, sollte das Vorgehen mit Bedacht angegangen und schadensbegrenzende Maßnahmen, wie eine anonyme Einreichung des Verdachts, ergriffen werden. Weitere Tipps bietet das ENRIO Handbook on Whistleblower Protection in Research.

Der Schutz von Hinweisgebenden ist im DFG-Kodex in Leitlinie 18 verankert. Außerdem schreibt das Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG) einheitliche Regelungen zum Melden von Missständen vor. Es soll sowohl Hinweisgebende als auch Personen, die von Meldungen betroffen sind, besser schützen. Es sieht die Einrichtung interner Meldestellen bei Einrichtungen ab 50 Mitarbeitenden vor. Wissenschaftliche Institutionen richten daher zunehmend Compliance-Stellen bzw. Hinweissysteme ein, bei denen neben Hinweisen auf wissenschaftliches Fehlverhalten ebenso Hinweise auf Korruption, Belästigung oder Diskriminierung gegeben werden können. Welche Aspekte wissenschaftlicher Arbeit nach §2 HinSchG in den Anwendungsbereich des Gesetzes fallen, muss noch abschließend bewertet werden.

Quellen

[1] Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG). (o. J.). Leitlinie 18. Hinweisgebende und von Vorwürfen Betroffene. https://wissenschaftliche-integritaet.de/kodex/hinweisgebende-und-von-vorwurfen-betroffene/ (abgerufen am 30.04.2024)